„Jørgen K.“ als Autor
auf
Himmelsbeobachtung.net
Verweise:
März 2020 – Ein Komet, der sich während der baldigen (Früh-)Sommer-Nächte – vielleicht sogar zusammen mit NLCs – beobachten lässt, hörte für mich zuerst einmal wie eine unglaubliche Gelegenheit an, eine Saison der weißen Nächte zu gestalten. Der Weg zu einem derartigen Kometen-Sommer war ein Auf und Ab der Hoffnungen, der im Nachhinein eine bemerkenswerte Abfolge an potenziellen Ereignissen darstellt. Am Ende durfte ich mich in insgesamt 12 Beobachtungsnächten mit dem Kometen C/2020 F3 (NEOWISE) beschäftigen, ihn stunden- und nächtelang in Mitten der tiefsten Natur beobachten, ihn fotografisch dokumentieren, zeichnen, zusammen mit NLCs beobachten und mich mit großartigen (teils fremden) Menschen an dem Ablick erfreuen.
Ende März 2020 – Die Hoffnung auf einen freisichtigen Kometen
C/2019 Y4 (ATLAS)
So fiel die Hoffnung im März 2020 auf den Kometen C/2019 Y4 (ATLAS), bei dem eine realistische Möglichkeit bestand, ihn Ende Mai/Anfang Juni mit bloßem Auge beobachten zu können. Der Gedanke alleine war schon sehr aufregend: Ein Komet mit NLCs am Nordhorizont? Ein Himmelsbild, von dem ich bisher nicht zu träumen wagte. Voller Vorfreude startete ich einen ersten Beobachtungsversuch während meiner pandemiebedingten Auszeit, auf heimischen Boden: In der Nacht vom 23. auf den 24. März 2020 konnte ich den Kometen leider noch nicht im Feldstecher ausmachen, für eine fotografische Erfassung reichte die Helligkeit des Kometen allerdings allemal. Für die Aufnahme des Kometen (s.o.) wurden 146 Aufnahmen, mit je 65,5 Sekunden, an einem 200mm-Objektiv (an einem Kleinbild-Sensor) nachgeführt und nachträglich auf dem Kometen gestackt, anschließend stark zugeschnitten. Das unverkennbare grüne Leuchten des Kometen zeigte in dieser Nacht bereits einen vagen Schweifansatz, wobei dieser mit höherer Brennweite wohl hätte deutlicher dargestellt werden können. In den folgenden Tagen wurden die Beobachtungsbedingungen schlechter und ließen bis in den April hinein nicht an einen Beobachtungsversuch denken.
April und Mai 2020 – Die ATLAS-Enttäuschung & zweite Chance?
C/2020 F8 (SWAN)
Es kam, wie es kommen musste: Der Hoffnungsträger C/2019 Y4 (ATLAS) – mittlerweile auch bereits medial ein großes Thema – zerfiel im Laufe der ersten April-Dekade in mehrere Bruchstücke. Das Hubble-Weltraumteleskop konnte die Fragmente in der dritten April-Dekade mit einer spektakulären Aufnahme festhalten. Während die Hoffnung auf einen Kometen-Sommer hier wortwörtlich zerfiel, kam parallel neue Hoffnung auf: Der Komet C/2020 F8 (SWAN) wurde zu Beginn der zweiten April-Dekade entdeckt und rückte Ende April erstmals so richtig in mein Bewusstsein. Auch bei „SWAN“ bestand rein theoretisch die Chance, ihn in den baldigen Frühsommernächten – zusammen mit etwaigen NLCs – ablichten und beobachten zu können. Nachdem die neue Hoffnung bereits gefestigt und der Komet gerade so für das bloße Augen sichtbar war, folgte die Enttäuschung: Nachdem C/2020 F8 (SWAN) am 2. Mai 2020 eine Helligkeit von 4,7 mag erreichte, wurde der Komet zusehends schwächer, so dass er am 21. Mai bereits schwächer als 7 mag schien. Beobachten konnte ich Komet „SWAN“ selbst nicht: Die Wetterbedingungen machten einen astronomischen Ausflug in den hierfür interessanten Mai-Wochen aussichtslos und unmöglich. Die Planung (m)eines Kometen-Sommers wurde ein weiteres Mal ad acta gelegt.
Juni und Juli 2020 – Doch noch ein Komet für das bloße Auge!
C/2020 F3 (NEOWISE)
Man sollte meinen, dass die mit C/2020 F8 (SWAN) zweite eingeräumte Möglichkeit für einen Kometen-Sommer, oder auch „NLC-Kometen“, Chance genug gewesen sein sollte. Wer kommt auf den Gedanken, dass es da nach zwei Enttäuschungen, einen dritten potenziellen Kandidaten geben könnte? Ich konnte es kaum glauben, aber es kam zu einer weiteren hoffnungsvollen Entwicklung am Himmel über uns: Ende Juni 2020, während einer weiteren sensationell angelaufenen NLC-Saison, beschäftigte mich mehr und mehr dieser Komet. Meine Beobachtungsplanung auf dem Papier und im Kopf wurde dann bereits am 4. Juli in Gänze überrolt, als erste Meldungen über die Beobachtungsmöglichkeit innerhalb Mitteleuropas die Runde machten und mit Bildern belegt wurden. Diese Bilder zeigten einen Kometenkopf samt Schweif in der fortgeschrittenen Morgendämmerung – das musste jetzt aber was werden, oder?
6. Juli 2020 – Ein erster Beobachtungserfolg
C/2020 F3 (NEOWISE)
Und ja, es sollte was werden. Im Anschluss an eine sensationelle NLC-Nacht, bin ich zu halb 3 (MESZ) in der Früh an einen erhöhten Beobachtungspunkt gefahren, um den Kometen „NEOWISE“ das erste Mal zu beobachten. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Komet von vielen Personen in meinem Beobachterumfeld noch gar nicht so richtig ernstgenommen, weil ja angeblich „zu horizontnah“, „zu lichtschwach“ und der Himmel ja allgemein „viel zu hell“ wäre. Horizontnah sicherlich, aber die mir ausgerechnete Möglichkeit sollte sich um kurz nach 3 Uhr (MESZ) bestätigen. Mir gelang ein erste Bild von C/2020 F3 (NEOWISE), in einer Wolkenlücke und mit schwachem/verdecktem Schweif, dafür über einer darunterliegenden markanten NLC-Struktur. Ich schaute wie gebannt auf das Kamera-Display: Da war er, der Schweifstern, wie umschrieben und kalkuliert – ein toller Moment! Eine visuelle Erfassung war an diesem Morgen nicht möglich, zumal ich in aller Eile meinen Feldstecher vergessen hatte.
7. Juli 2020 – Ein Komet mit Strukturen im Schweif
C/2020 F3 (NEOWISE)
In den frühen Morgenstunden des 7. Juli 2020 gab es keine störenden Wolken am Nordhorizont, dafür allerdings einen horizontnahen Sumpf aus Nebel und Dunst, aus dem der Komet erst einmal aufsteigen musste. Mit zunehmender Höhe des Kometen (und leider auch der Sonne), war ein freier Blick auf Kometen-Kopf und Schweif möglich. An diesem Morgen konnte ich die ersten Strukturen im Schweif ausmachen, wenn auch nur fotografisch. Auf obenstehendem Foto ist eine deutliche zentrierte Struktur im Staubschweif zu erkennen, direkt im Anschluss an den Kometen-Kopf. Während der Beobachtung hielt ich gegen 3 Uhr (MESZ) telefonische Rücksprache mit einem befreundeten Beobachter, der einige Kilometer weiter westlich von mir positioniert war: Wir waren uns beide einig, was ein toller Komet! Und toll, dass wir beide diesen Beobachtungsmoment haben durften. Was wir beide noch nicht ahnten war, dass uns dieser „NEOWISE“ noch sehr viel Freude bereiten würde.
10./11. Juli 2020 – Komet mit Leuchtenden Nachtwolken
C/2020 F3 (NEOWISE)
Die vergangenen zwei Beobachtungsmöglichkeiten des Kometen waren bereits so viel Erlebnis und „wir“ daher so sehr dankbar für die Bilder (gedankelich, auf dem Sensor), dass alles Kommende (zumindest gedanklich) eine Zugabe darstellen sollte.
Da war ich mir mit einem Sternfreund, aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft, einig. Der Gedanke, dass diese Zugabe „groß“ ausfallen könnte, war unterbewusst präsent – aber erst einmal musste der Komet weiter durchhalten (da gab es ja bereits so einige Enttäuschungen 😉 ) und die Bedingungen – in diesen durchschnittlichen Juli-Tagen – mussten erst einmal eine Beobachtung ermöglichen. Und hier hat uns die Nacht von Freitag auf Samstag voll in die Hände gespielt: Nach einem Freitag mit 7/8-Bewölkung und dem Durchzug einer Kaltfront, klarte es pünktlich zu 20 Uhr MESZ in Gänze auf. Primäres Vorhaben für die folgende Beobachtungsnacht waren NLCs, die angesichts eines vielversprechenden Plot des Ostsee-Wind-Radars (OSWIN) zu beobachten sein sollten. Der Komet C/2020 F3 sollte mittlerweile (einige Tage nach meinen ersten Beobachtungen) auch schon in der Abenddämmerung zu beobachten sein, entsprechend gab es bereits zwei Ziele für die anstehende Nachtzeit.
Auf 22 Uhr (MESZ) ging es mit zwei Freunden hinaus in die Natur. Nachdem wir unseren angedachten Beobachtungsplatz erreicht hatten, hieß es erst einmal Kameras aufbauen. In der frühen Abenddämmerung ging es dann bereits los:
Ca. 22:30 Ortszeit – Erste NLCs auf rund 40° höhe!, bei bester Durchsicht, filigran und dezent, dabei jedoch gut sichtbar. Das NLC-Feld über uns verschwand naturgegeben zusehends und die fortschreitende Dämmerung gab ein horizontnahes NLC-Feld frei, welches mehr und mehr aus dem nordnordöstlichen Dämmerungsbogen hevortrat. Mittlerweile war ein weiterer Sternfreund eingetroffen und ebenfalls mit der Erfassung des horizontnahen NLC-Feldes beschäftigt.
Einer meiner drei anwesenden Freunde – seit Kurzem das öfteren mit auf meinen astronomischen Reisen dabei – sprach mich gegen 23:30 Uhr sehr beschäftigt und umtrieben an: „Sag mal, ist das hier der Komet bei mir auf dem Kamera-Display?“. Tatsächlich, ein Blick gen Norden: Da stand er mittlerweile wahrnehmbar am Himmel. Mit der immer tieferstehenden Sonne wurde er schließlich immer deutlicher. Um 0:30 Uhr (MESZ), bei einem Sonnenstand von ca. -14 Grad, war der Anblick wirklich großartig. Überwältigt und ungläubig waren wir miteinander am staunen, diskutieren und uns vor allem am freuen. Das horizontnahe NLC-Display zog innerhalb der nächsten Stunde weiter langsam gen Westen, während der Komet mit der Drehung der Erde visuell gen Osten zog. Die Annäherung beider Phänomene stellte zweifelsohne den seit März erdachten und irgendwie vorher undenkbaren Moment dar:
Meine Begleiter trennten sich schließlich kurz nach der astronomischen Mitternacht von mir, um daheim Schlaf zu finden. Für mich, ich war derweil immer noch sehr aufgeregt, undenkbar. Mit der höher steigenden Sonne veränderte sich das Bild der NLCs am Nordhorizont deutlich (sie wurden sehr viel heller als am Abend) und Komet „NEOWISE“ sorgte für ein prächtiges Gesamtbild. Der Komet, zentriert über den interessant strukturierten Leuchtenden Nachtwolken, ließ mich noch rund zwei weitere Stunden am Nordhang des heimischen Gebirges ausharren. Mit dem Verblassen des Kometen und schließlich auch der letzten NLCs, ging es überglücklich ins Bett.
11./12. Juli 2020 – Erste Details in den Schweifstrukturen
C/2020 F3 (NEOWISE)
Nach den zurückliegenden erfolgreichen Beobachtungsnächten des Kometen, sollte es in der klaren Folgenacht an eine „Inszenesetzung“ des Schweifsterns gehen. Davon überzeugt, dass eine Wasserspiegelung sicher viel hermachen würde, bin ich zur einsetzenden Dämmerung zu einem Naturschutzgebiet am niedersächsichen Steinhuder Meer gefahren, um den Kometen in den angrenzenden Wasserflächen samt Spiegelung beobachten zu können. Die Vorbereitung ließ mich erahnen, dass mir dort ein tolles Bildmaterial gelingen würde, während das Landschaftsbild eine stimmungsvolle Beobachtung zulassen könnte.
Nach der rund einstündigen Anfahrt, wanderte ich mit meiner schweren Kraxe auf dem Rücken hinein in das Schutzgebiet, um schließlich von allem enttäuscht zu werden. Das Naturschutzgebiet ansich ist wunderschön, vor allem die in der Blüte stehende Vegetation an diesem 11. Juli. Doch eine schleichende Enttäuschung entwickelte sich parallel zu allem Schönen. Als erste fielen mir die achtlos weggeworfenen Masken am Wegesrand auf, welche Teilnehmer einer Führung (unter Corona-Schutzmaßnahmen) fallen lassen haben müssen. Am Beobachtungsplatz angekommen, hemmerte basslastige, elektronische Musik durch die Luft: Auf der Insel Wilhelmstein wurde eine große Party veranstaltet, während die laute Geräuschkulisse die Vogelwelt im NSG merklich beeinflusste.
Schließlich konzentrierte sich auch noch die niedrige Bewölkung auf den Südrand von Hannover, welche mir in den Folgestunden keine freie Sicht auf den Kometen Neowise ermöglichen sollte. Entnervt packte ich meine Sachen zusammen und trat den Rückweg zum Auto an. Auf diesem Weg festigte sich mein Vorhaben, in der hoffentlich weniger bewölkten Heimat, eine spontane Nachtwanderung in das Wiehengebirge zu unternehmen, um dort die Nacht zu verbringen. Die folgende einstündige Heimfahrt gen Südwesten, offenbarte mehr und mehr Himmelskörper. Kurz vor Ankunft auf dem Wanderparkplatz, wurde auch der Komet ansatzweise sichtbar. Nach aller Enttäuschung, schien es nun doch noch eine „erfolgreiche“ Beobachtungsnacht zu werden.
Nachdem das Auto geparkt war, hieß es erneut Kraxe satteln und losgewandert – das zweite mal an diesem Abend, bereits etwas müde vom vorherigen Ausflug. Zwei Fahrzeuge am Waldesrand ließen mich erahnen, dass hier trotz fortgeschrittener Nacht gejagt werden könnte. Umsichtig ging es samt angeschalteter Rotlicht-Kopflampe an den „Aufstieg“. Nach wenigen hundert Metern machte sich eine Wildschweinrotte im Unterholz durch lautes Grunzen und Quieken bemerkbar.
Vorsichtig ging ich an diesem Areal vorbei, während ich mich durch bestimmte Laute bemerkbar machte, um einen Schreckmoment auf beiden Seiten und eventuelle Zufallskonfrontation zu vermeiden. Unbeirrt ging es weiter in den dichten Wald. Auf diesem Weg zum Bergkamm kam ich mit der Zeit in ehemals bewaldete Bereiche voran, die vor vielen Jahren vom Sturm Kyrill dem Erdboden gleich gemacht wurden. Diese Freiflächen boten mir einen freien Blick gen Norden: Und da stand er wieder, der Komet. Beeindruckend!, dachte ich nur. Zumal er visuell, aus dem dunklen Wald heraus, wirklich bemerkenswert hell schien. Die kurzen Sommernächte mit langanhaltenden Dämmerungsphasen machten die Sichtbarkeit des Kometen zu einer Geduldsprobe, nun war er allerdings wieder da, ich allerdings schon einige Stunden auf den Beinen.
Mein erstes Vorhaben setzte ich mit einer nachgeführten Reihenaufnahme des Kometen um. Dazu hatte ich die Skywatcher Staradventurer-Nachführung dabei: Auf einem Schotterweg baute ich das Setup auf erstellte nachgeführte Aufnahmen, um mit einem späteren Stack erste Details (samt Ionenschweif) abbilden und dokumentieren zu können, was mir via Nachführung auch erfolgreich gelungen ist. (Siehe erste obenstehende Aufnahme dieser Nacht.)
Nachdem das geschafft war, wurde das recht schwere Setup wieder im Rucksack verstaut und ich entschloss mich dazu, erneut den Weg in den dunklen Wald anzutreten: Eine stimmungsvolle Erinnerungsaufnahme und ein Beobachterstimmungsbild meiner Person, zusammen mit dem Kometen C/2020 F3 (NEOWISE), sollte das Ziel sein.
Als Umgebung für ein solches Bild, sollte ein Waldstück herhalten, welches ich in den letzten Jahren sehr zu schätzen gelernt habe, welches allerdings seit Jahresbeginn mit dem Borkenkäfer zu kämpfen hat und nun – wohl aus wirtschaftlichen Gründen – präventiv dem Erdboden gleichgemacht wurde, um den Borkenkäfer nicht die „wertigen“ Festmeter vernichten zu lassen. Ein „Dilemma“, das sich durch das Wiehengebirge zieht.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass mir dieser Nadelwald wirklich viel bedeutet hat, da ich an und in ihm bereits viele Nächte (zuletzt die Sommersonnenwenden-Nacht) verbringen durfte. Entsprechend sehe ich das enstandene Foto als Erinnerung und Abschied an einen Wald, dem seine stolzen Stämme hier bereits zum Großteil zu meinen Füßen lagen. (Siehe obenstehendes Beobachterstimmungsbild.)
Im Anschluss an diese Nacht, konnte ich noch NLCs beobachten, über denen der Große Wagen trohnte, rechts von den NLCs der Komet „NEOWISE“ in der Morgendämerung verblasste, die Venus samt Plejaden aufging (der Winterhimmel grüßte) und Mond mit Mars im Osten leuchtete. Im Torfmoor, unten am Fuße des Wiehengebirges, zogen stimmungsvolle Nebelschwaden auf. Mit der aufgehenden Sonne ging es völlig müde ins Bett.
12./13. Juli 2020 – Der Komet über vernebelten Landschaften
C/2020 F3 (NEOWISE)
Die folgende (potenzielle Beobachtungs-)Nacht hatte ich gar nicht eingeplant, jedoch fiel mir in den fortgeschrittenen Abendstunden auf, dass die vorhergesagte Bewölkung gar nicht so drastisch in Erscheinung trat und ein nächtlicher Ausflug durchaus Sinn machen könnte.
Gegen 22 Uhr Ortszeit ging es mit dem Auto los in die Diepholzer Moorniederung, um ein weiteres Landschaftsbild – samt Kometen – festzuhalten. Die ersten Gehversuche an einem Moorkanal waren zumindest visuell sehr ansprechend. Bei sich ausbreitendem Bodennebel und dem über mir leuchtenden Band der Milchstraße, trohnte der Komet wie erwartet am Nordhorizont und leuchtete so stark, wie ich es aus der Vornacht kannte.
Die fotografische Umsetzung vor Ort stellte sich als eher schwierig heraus, weil die Ausrüstung nach rund einer Stunde nebelbedingt „klitschnass“ war und der Komet während des laufenden Zeitraffers von hohen Wolken verdeckt wurde. Gegen 2 Uhr Ortszeit fasste ich also den spontanen Entschluss, aus diesem tief-vernebelten Areal herauszufahren und eine benachberte Moor-Region aufzusuchen, um dort bis zur Morgendämmerung einen zweiten Versuch zu starten.
Zwischendurch gab es noch einen magischen Moment rund um den Mondaufgang, welcher auch nur schnell mit dem Handy festgehalten wurde. Der aufgehende Erdtrabant hat sein warmes Licht auf den Bodennebel am Moorkanal geworfen, was beim ersten Anblick für Irritation und beim zweiten Anblick für Erkenntnis und Bewunderung des Spiels aus Licht und Schatten im Nebel sorgte. Da die Kamera zu diesem Zeitpunkt noch fleißig einen Zeitraffer erstellte, blieb es bei der persönlichen Beobachtung und einem unanspruchsvollen Bild mit dem Smartphone. Wenige Minuten später lag der Nebel wieder im Dunkel der Nacht.
Der folgende Ortswechsel brachte dann die erhoffte Besserung: Am Neustädter Moor hatte sich dezenterer Bodennebel ausgebreitet und die naturbelassenen Weiden im Landschaftsschutzgebiet boten eine stimmungsvolle Kulisse für den Kometen und – Überraschung – erneut emporsteigende NLCs am Nordhorizont.
Im Verlaufe der fortschreitenden Dämmerung zogen niedrige Nebelschwaden durch die Landschaft, während sich die hohen Zirren bereits tiefrot färbten und den Kometen trotzdem noch durchscheinen ließen. Kurz bevor „NEOWISE“ endgültig in der nautischen Morgendämmerung verblasste und die NLCs ebenfalls nicht mehr zu sehen waren, machte ich noch eine „schaurige“ Entdeckung im faden Dämmerungslicht: Die ganze Zeit über stand ein Bulle am Zaun und beobachtete mein Treiben, ohne auch nur ein Geräusch von sich zu geben. Schließlich verabschiedete ich mich von ihm und fuhr zurück in die Heimat. Wieder wurde eine Beobachtungsnacht durch eine zweite Spontanenscheidung „gerettet“ – Ortskenntnis, (Kreativität) und Durchhaltevermögen haben sich wieder einmal als wertvolle Werkzeuge erwiesen.
13./14. Juli 2020 – Eine Beobachtungsnacht mit vielen Wolken
C/2020 F3 (NEOWISE)
Für die Nacht vom 13. auf den 14. Juli 2020 wurden keine guten Beobachtungsbedingungen vorhergesagt. Massen an Zirruswolken für die Nacht und für die Morgenstunden angekündigter Regen, ließen mich diese Nacht gar nicht in die Planung mit aufnehmen. Doch dann – spät am Abend – die spontane Entscheidung: Das tatsächliche Himmelsbild sollte eine Beobachtung zulassen. Spotan sattelte ich meine Kraxe und begab mich im Wiehengebirge an genau den Ort, an dem ich mich bereits ein paar Tage zuvor ausgehalten habe. Die Sicht auf den Nordhorizont war von hier aus einfach genial. Mit der fortschreitenden Dämmerung war das Auffinden das Kometen erst einmal gar nicht so einfach, was für mich zu dem Zeitpunkt erst einmal schwer nachzuvollziehen war. Es schien eine sehr schlechte Durchsicht in der höheren Troposphäre zu herrschen, zumal sich immer mehr Zirrusfelder bildeten. Eine ähnliche Beobachtung machte auch ein befreundeter Sternenfreund, unweit von meinem Standort entfernt.
Per Telefon stellten wir uns gegenseitig die Frage, ob es aktuell einfach nur die schlechte Durchsicht ist oder der Komet tatsächlich bereits merklich schwächelt.
Im Verlaufe der Nacht, mit abnehmendem Sonnenstand, wurde der Komet dann doch noch immer deutlicher sichtbar, sodass die Nacht trotz Wolken eine weitere Beobachtungsmöglichkeit bot. Weiße Nächte können lang sein, vor allem, wenn man auf den dunkelsten Zeitpunkt wartet.
Als ich um rund 2 Uhr (MESZ) am den Wald verließ und erstmals seit einer Stunde wieder den Nordhorizont sichten konnte, schienen sich erste morgendliche Leuchtende Nachtwolken anzukündigen. Diese erreichten rund um 3 Uhr (MESZ) ihr beste Sichtbarkeit. Komet Neowise trohnte vertikal über dem Display, während es immer weiter zu zog. Eine fortschreitende Morgendämmerung mit aufziehenden Wolken: Es war der richtige Zeitpunkt, um diese Beobachtungsnacht zu beenden.
15./16. Juli 2020 – Spontan: Eine nächtliche Zeichnung des Kometen
C/2020 F3 (NEOWISE)
Dass ich in den Nächten, in denen Komet NEOWISE am Himmel zu sehen war, nicht zur Ruhe kommen würde, war mir im Voraus bewusst. So auch in dieser Nacht, als aus dem Bett heraus der Blick gegen 0 Uhr Ortszeit ein letztes Mal auf das Infrarot-Satellitenbild gerichtet wurde und ich mich kurzer Hand entschied, noch einmal aufzustehen, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Das Küchenfenster eröffnete mir dann tatsächlich die Möglichkeit einer spontanen Beobachtung:
Über dem Garagendach und alten Apfelbaum des Nachbarhauses stand der Komet – klar und deutlich, sichtbar samt Schweif. Nun aus dem Bett heraus einen fotografischen Ausflug anzustellen, schien mir zu spontan und aufgrund der Wolkenfelder in Richtung Westen auch zu unsicher. Dann kam mir die Idee einer visuellen Beobachtung mit einem 10×70-Fernglas und dem damit verbundenen Vorhaben, den Kometen zu zeichnen, um auch später noch nachvollziehen zu können, wie er visuell zu beobachten war. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ein späterer Blick auf die astronomische Beobachtungszeichnung ein tolles Andenken ist und eine wichtige Art der Dokumentation darstellt. Selbstverständlich ist die Zeichnung ein wirklich spontanes Produkt ohne großartig zu überlegen, wie man am besten zeichnerisch beginnen und das Bild am Himmel richtig darstellen könnte. Diese Zeichnung ist tatsächlich auch meine erste astronomische Zeichnung und sicher nicht gut. Aber im Gegensatz zu den vielen fotografischen Abbildungen, welche ich bis dato angefertigt hatte, ein Abbild nah an der visuellen Wirklichkeit und die Grundlage für spätere Berichte und Erzählungen.
16./17. Juli 2020 – Schweifstern über Sternenfreunden
C/2020 F3 (NEOWISE)
Für die Nacht von Donnerstag auf Freitag festigte sich mein gedankliches Vorhaben, den Kometen noch einmal in einer Umgebung zu beobachten und zu fotografieren, welche den Stoff für tolle Erinnerungen und ansehnliches Bildmaterial bietet. In der folgenden Nacht sollte es zu partieller Bodennebelbildung kommen, weshalb ich gedanklich schon die Torfwüste eines niedersäsischen Moores vor mir hatte, wie sie förmlich im Nebel versinkt und „NEOWISE“ über diesem Nebelmeer schwebt. Das Ganze sollte aus erhöhter Position beobachtet und fotografiert werden – ein Beobachtungsturm stellte dafür einen erdenklich guten Spot dar. Soweit die Planung.
Im Anschluss an meinen ersten Urlaubstag nach der Arbeit, ging es also wieder einmal los in Richtung Niedersachsen, rein in weniger lichtverschmutzte Gebiete und in die tiefe Natur. Bei meiner Ankunft – es war ca. 23 Uhr (MESZ) – parkte ich mein Auto in der Nähe eines Wanderparkplatzes. Gesperrte Straßen haben mich zuvor durch eher schwer zu passierende Wald- und Feldwege geführt. Nachdem ich die Kraxe samt Ausrüstung auf dem Rücken hatte, bog ich in einen Weg ein, der mich geradewegs – über viele hundert Meter – zu meinem geplanten Spot führen sollte. Beim Blick in die Ferne dann die Überraschung: Da stand ein Auto. ?!. Sicher ein Jäger! – so mein Gedankengang. Das Auto war optisch so weit weg, dass ich nicht ansatzweise erkennen konnte, was sich um das Fahrzeug herum abspielt. Den Feldstecher hatte ich natürlich daheim liegen lassen. Mit wenig Interesse an einem Kontakt wanderte ich los in Richtung Spot und dem Unbekannten, das mich am Ende des Weges erwarten würde.
Auf meinem Weg konnte ich erkennen, dass sich einige Personen um dieses Fahrzeug tummelten: Etwas, das ich gar nicht gebrauchen konnte, war ich doch auf der Suche nach Ruhe, möglichst wenig Zivilisation und wenig Trubel. Der Gedanken umzudrehen: Schnell verworfen, da kein Plan B vorhanden war und es zu spät war, ein anderes ansprechendes Gebiet aufzusuchen. Darüber hinhaus hat man mich in der Ferne nun kommen sehen.
Meine Offensive wurde dann letztlich belohnt: Wenige Minuten später traf ich vor Ort auf eine Truppe an sehr aufgeschlossenen Personen, mit denen ich mein Vorhaben teilte: Die Beobachtung und Dokumentation von C/2020 F3 (NEOWISE), unter einem möglichst wenig lichtverschmutzten Himmel. Anfängliche Skepsis wich direkter Begeisterung, waren doch alle sehr nett und die Gespräche mit Bezug auf die Himmelsbeobachtung sehr bereichernd waren.
Die Jungs – rund um den „OwAS“ (Ostwestfälischer Astro Stammtisch) und Oliver Schneider – hatten sich zu einem gezielten Ausflug in die Diepholzer Moorniederung entschieden, um amateurastronomische Beobachtungen anzustellen. Und die dafür mitgebrachten Instrumente wussten zu begeistern!
Jetzt musste eine Entscheidung her: Heute lediglich eine visuelle Beobachtung? Nein, besser: Die Szenerie und das tolle spontane (und unglaubliche) Zusammentreffen nutzen, um den „Schweifstern über Sternenfreunden“ festzuhalten.
Nachdem alle Anwesenden einverstanden waren, Teil meiner nächtlichen Aufnahme zu werden, ging es auch direkt los. Das Kamera-Setup wurde auf dem Turm installiert und für die nächsten Stunden programmiert. Während am Fuße des Beobachtungsturm bereits über die unterschiedlichsten astronomischen und atmosphärischen Themen gefachsimpelt wurde, verzog sich zusehends die stratusartige Bewölkung und gab die Sicht auf den Kometen frei. Derweil wurden astronomische Beobachtungsinstrumente geteilt und man lernte sich kennen. Nach 0 Uhr (MESZ) liefen dann so gut wie alle Kameras, mit den unterschiedlichsten Optiken, auf Dauerfeuer.
Der Komet „NEOWISE“ stand nun unter recht guten Beobachtungsbedingungen über dem Nordhorizont. Zu diesem Zeitpunkt, in der zweiten Juli-Dekade, nach der Sommersonnenwende, ein sich öffnendes Zeitfenster, welches von nicht all zu großem Umfang sein sollte. Bereits um rund 2 Uhr MESZ stand die Sonne wieder so „nah“ unter dem Horizont, dass die Beobachtungsbedingungen weniger gut waren und Details des Kometen im Streulicht der Sonne in der Atmosphäre zusehends verschwanden. Während der Beobachtungssession war die Stille und Dunkelheit bemerkenswert. Zeitweise bildete sich lokale niedriger Stratus über der Region, welcher durch die so gut wie gar nicht vorhandene Lichtverschmutzung derart visuell dunkel war, so dass man optisch nicht erfassen konnte, ob es sich nun um einen teils bedeckten oder völlig unbedecketen Himmel handelte. Eine interessante Feststellung.
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Gegen 2 Uhr (MESZ) fasste ich für mich den Entschluss, in Richtung Heimat aufzubrechen. Bald drei Stunden Bildmaterial waren gesammelt und der sich ausbreitende Bodennebel sorgte für feuchte Beobachtungsintrumente. Schließlich musste ich auch noch ein paar Stunden schlafen, bevor ich in einen regulären Freitag starten musste. Im Nachhinein war das ein spontanes Zusammentreffen mit Sternfreunden, welches ich in „meiner Moorniederung“ für nicht möglich gehalten habe. Schließlich beobachte ich in der Region seit vielen Jahren und bin sowieso schon kaum auf Menschen gestoßen. Selbst am Tage kam es nur zu vereinzelten Begegnungen, da das hiesige Areal enorm weitläufig ist. Und wie groß war die Chance an diesem Werktag für ein solches Zusammentreffen, unter diesen Bedingungen, mit einer stark eingeschränkten Zufahrt zum Beobachtungspunkt. Begeisterung pur, eine wunderbare Beobachtungsnacht.
17./18. Juli 2020 – Ernüchterung auf der Suche nach einem Beobachtungsfenster
C/2020 F3 (NEOWISE)
Freitag, 17. Juli – endlich wieder Wochenende, Zeit zum Schlaf nachholen und Zeit dazu, die Nacht zum Tage zu machen. Die Wetterprognose für die folgende Nacht war nicht wirklich gut, allerdings auch nicht aussichtslos: Stratusfelder sollten das primäre Hindernis darstellen. Gegen 23 Uhr MESZ zeichneten sich auf dem Infrarot-Satellitenfilm ab, in welchen Bereichen Norddeutschlands die Beobachtung möglich sein sollte.
Ein erstes potenzielles Beobachtungsgebiet lag westlich von Hannover. Auf meinem Weg dorthin, änderte sich die Lage allerdings „dramatisch“ – dort zog der Himmel in Gänze zu, weshalb ich mich neu orientieren musste. Richtung Osnabrück zeichnete sich derweil die klare Grenze eines Stratusfeldes ab, in dessen Richtung ich entschloss zu fahren. Nach über einer Stunde Fahrtzeit landete ich letztlich nördlich des Großraum Osnabrücks und baute meine Ausrüstung an einem Feldweg von landwirtschaftlich geprägten Flächen auf. Eine knisternde Hochspannungsleitung über meinem Kopf ließ mich dann noch spontan den Standort verschieben, wobei mir parallel klar wurde, dass hier (rund 15 Kilometer nördlich von Osnabrück) der Himmel bereits so stark lichtverschmutzt war, dass eine Beobachtung des mittlerweile vielleicht sogar schwächelnden Kometen „NEOWISE“ schwierig werden könnte. Hinzu kam die schlechte Transparenz am Firmament – es waren einfach schlechte Bedingungen. Eine Erfahrung, die ein wenig Reue auslöste, schließlich hatte ich so einige Kilometer zurückgelegt. Eine Probeaufnahme auf der Nachführung brachte dann die Gewissheit – der Himmel war eine fotografische Absicht und Arbeit nicht wert. Gegen 1 Uhr (MESZ) ging es zurück in die Heimat und ab in die Federn.
20./21.07.2020 – Vielfältige Phänomene einer Sommernacht
C/2020 F3 (NEOWISE)
Für die Nacht Montag auf Dienstag (20./21.07.2020) hatte ich mich mit einem Sternfreund der Nachbarschaft verabredet, um mit ihm zusammen unsere Optiken auf den Kometen zu richten.
Dazu sollte es wieder einmal in Richtung Niedersachsen gehen: Schließlich bedurfte es der geplanten Detailaufnahmen des Kometen einen dunklen Nachthimmel. Dass der Komet in seiner scheinbaren Helligkeit nachvollziehbar zu schwächeln begann, zeigte sich erstmals in dieser Nacht. Während der Dämmerung mussten wir lange und immer wieder den Kometen visuell fixieren. Erst mit dem Ende der astronomischen Dämmerung war Komet NEOWISE klar und deutlich auszumachen. Dass der Komet mittlerweile erst sehr spät in der Dämmerung sichtbar wurde, war das wohl eindeutigste Indiz für eine nachlassende Gesamthelligkeit, herrschten ansonsten doch eine sehr gute atmosphärische Transparenz. Wenig Nächte zuvor war „NEOWISE“ noch deutlich beachtlicher in seiner Gesamterscheinung und schien mir nun, zumindest bis zur erst spät einsetzenden Nacht, kein Objekt mehr für Zufallsbobachter zu sein. Glücklicherweise war das für uns kein Problem, hatten wir uns doch darauf eingestellt, schon viele Nächte zuvor den Kometen beobachtet und auch nun wieder ein 10×70-Fernglas dabei, in welchem C/2020 F3 weiter eine tolle Figur machte.
Während wir dann nach und nach die Nachführung aufbauten, uns zeitweise auf unseren Sitzgelegenheiten zurücklehnten, zeichnete sich immer stärker Bodennebel über den feuchten Wiesen des angrenzenden Moores ab. Bedenken, dass dieser Nebel bald aufsteigen könnte und den Blick auf den recht horizontnahen Kometen verwehrt, kam erst zwischen 0 und 1 Uhr (Ortszeit) auf, als sich die Nebeldecke über Straßen und Wiesen erstreckte und spührbare kalte Nebelschwaden bis auf Kopfhöhe durch die Landschaft zogen. Das visuelle Gesamtbild, bestehend aus klarem Sternenhimmel und dem prächtigen Band der Milchstraße, sowie der (noch) überwiegend bodennah vernebelten Landschaft und dem im Norden darüber schwebenden Kometen, war schier märchenhaft. Dieses Gesamtbild auf den Sensor meiner Zweitkamera zu bannen, schien unmöglich – der visuelle Eindruck war einfach viel schöner. Schnell entschloss ich mich, den Anblick vor Ort zu genießen und für mich zu behalten.
Während die Nachführung samt Kameras vor sich hinarbeitete, gingen wir im Bereich um unseren Beobachtungspunkt umher und genossen das gerade so wahrnehmbare Landschaftsbild. Über uns stand das prächtige Band der Milchstraße, einige Meteore verglühten in der Atmosphäre.
Parallel prüfte ich via Smartphone, ob sich weiter im Norden etwas in Sachen NLCs entwickeln könnte und ja, binnen kürzester Zeit schien sich ein NLC-Display aus höheren Breiten in Richtung Mitteleuropa zu entwickeln, welches uns ein großes (helles) Morgendisplay bringen könnte.
Die Entwicklung anhand von Webcam-Aufnahmen durchzuschauen, war schlichtweg beeindruckend. Ephorie vor Ort. An unserem Standort war noch nichts zu erahnen, die folgende Morgendämmerung sollte mehr zeigen. Wenig später mussten wir feststellen, dass zumindest eine Kamera auf der Nachführung völlig beschlagen war die meisten Aufnahmen vom Kometen nichts geworden sind. Die andere Kamera, ausgestattet mit Objektivheizung, hat dagegen unbeeindruckt der Luftfeuchtigkeit getrotzt. Gegen halb 2 (MESZ) hieß es einpacken.
Während ich das gesamte Setup abbaute, leuchtete mich der ebenso anwesende Sternfreund von hinten mit einer starken Kopflampe an, was in meinem Angesicht zu einer beeindruckenden Erscheinung führte: Einem Brockengespenst, samt Nebelbogen. Ich sah sich meinen Schatten plötzlich „in mehreren Ordnungen“ im Nebel bewegen, fotografisch wurde zudem eine intensive Aureole, wiederrum mehrer Ordnungen, sichtbar. Was eine großartiges Spiel im Nebel! Wir versuchten uns noch weiter an unseren gegenseitigen Schattenwürfen in den Tiefen der Nacht. Wenig später fielen ernste und gleichzeitig amüsante Worte: „Mensch, wir müssen los… kurz nach 2 Uhr und wir spielen hier im Nebel, wollten doch schon längst weg sein, ich muss noch ein paar Stunden schlafen“.
Gesagt getan, auf in Richtung heimisches Wiehengebirge, um vor dem Ins-Bett-Gehen noch das vermutlich große NLC-Morgendisplay mitzunehmen, so mein Plan. Die Heimfahrt und die folgende Beobachtung stellten mein Sternfreund und ich getrennt an. Während der Fahrt gen Gebirge die pure Euphorie, wie man sie nur erleben kann, wenn man spontan von einer solche NLC-Entwicklung überrascht wird. Dazu der Blick in den Rückspiegel, welcher immer wieder elektrisierende Anblicke lieferte: Visuell auffällige, bläuliche NLC-Strukturen standen am Nordhorizont. Noch recht lichtschwach, aber das könnte und sollte sich schon sehr bald ändern. Ein Gefühl, wie vom Display gejagt zu werden. Beim Anfahren der hohen „Bergstraße“ sank die Landschaft immer weiter ab und gab den Blick auf das elektrisierende Bild von Leuchtenden Nachtwolken am Nordhorizont frei. Die anfänglichen visuellen Blautöne (fotografisch nahezu nicht zu dokumentieren) waren schon sehr besonders, die hellen NLCs im Anschluss mindestens genau so:
Das waren wahrlich vielfältige Phänomene in einer Sommernacht, auf die ich auch Jahre später noch glückliche zurückblicke. (Stand 11/2023)
21./22.07.2020 – Eine letzte Detailaufnahme?
C/2020 F3 (NEOWISE)
Das Wetter war in der folgenden Nacht zum Mittwoch erneut gut und ich entschloss mich, einen vielleicht letzten Versuch zu unternehmen, eine weitere nachgeführte und detaillierte Aufnahme vom Kometen „NEOWISE“ anzufertigen. Dazu fuhr ich diesmal fast an den gleichen Beobachtungspunkt, wie in der Nacht zuvor. Die dortige, dezente Lichtverschmutzung gen Norden, war dafür das Argument schlechthin, zumal der Komet nun (ohne es leugnen zu können) an Helligkeit verloren hatte. Primär der Kometenkopf war scheinbar nicht mehr so hell am leuchten, wie das noch einige Tage zuvor der Fall gewesen ist. Überbelichtungen in diesem Teil der „Kometen-Struktur“ waren deutlich weniger schnell der Fall. Nachdem ich meine Reihenaufnahme ist Kasten hatte, ging es mit dem Auto wieder zurück in die Heimat – schließlich zerrte die nächtliche Action mittlerweile merklich an mir, auch weil bereits Ende Mai die starke NLC-Saison auf der Nordhalbkugel begann und der Komet mir seit Anfang Juli mindestens eine genau so starke Aufmerksamkeit abverlangte. Die Erkenntnis zwischendurch: Einen großartigeren Beobachtungssommer konnte es gar nicht geben!
31.07./01.08.2020 – Ein Abschied (vom Kometensommer)
C/2020 F3 (NEOWISE)
Freitagabend, Wochenende und die vergangenen Nächte, seit Beginn der dritten Juli-Dekade, hatten für ausreichend Erholung gesorgt. (Großflächig „Schlechwetter“ und Mondschein können manchmal ein Segen sein). Der Komet C/2020 F3 (NEOWISE) war mittlerweile kein Objekt mehr für das bloße Auge. Fotografisch weiter leicht zu erfassen, entschloss ich mich spontan, ihn noch einmal von dem heimischen Hof aus zu beobachten und dokumentieren, bevor er gänzlich vom Nachthimmel verschwinden würde. Bei der scheinbar relativ überschauberen Planung für die anstehende Nacht, war ich leider etwas zu naiv: Meine letzte Beobachtung aus der Heimat heraus war lange her und die gerade anlaufende Sommernacht sorgte dafür, dass reichlich Autos und Menschen unterwegs waren.
Unbeirrt ging es an eine letzte Reihenaufnahme, wobei ich leider erst später bemerkt habe, mit Fokusproblemen gearbeitet zu haben. Entsprechend nehme ich aus dieser Nacht lediglich eine Einzelaufnahme mit in die Entwicklung, welche das Ende meiner Beobachtungsreihe symbolisiert. Dieser letzte Abend soll und wird nicht über all das hinwegtäuschen, was Komet C/2020 F3 (NEOWISE) uns in den Sommernächten rund um den Juli 2020 bieten konnte. Eine unvergessliche Beobachtungszeit.